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Neben den bekannten Planeten wird das Sonnensystem von einer Unmenge kleinerer Körper bevölkert - den Kleinplaneten oder Asteroiden. Ihre Größe reicht von ca. 1000 km (Ceres) bis zu wenigen Metern, wobei kleinere Objekte wesentlich häufiger sind. Bereits in der Anfangszeit des Observatoriums bis in die 90er-Jahre wurden von Dr. Freimut Börngen auf den mit dem 2-Meter-Teleskop aufgenommenen Fotoplatten Asteroiden gesucht und gefunden. Ihm gelangen mehr als 500 Entdeckungen von Kleinplaneten, die sich im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter befinden.

Börngen stellte auch einige Beobachtungen erdnaher Asteroiden an, von denen damals erst wenige bekannt waren. Das sind Kleinplaneten, deren geringste Entfernung zur Sonne weniger als das 1,3-Fache der Erdentfernung beträgt. Sie werden als NEAs (Near-Earth Asteroids) bezeichnet. Etliche dieser Objekte kreuzen die Erdbahn und bilden daher ein Kollisionsrisiko. Deswegen wurden spezielle Himmelsdurchmusterungen etabliert, um sie möglichst vollständig zu identifizieren.

Die Thüringer Landessternwarte beteiligt sich seit 2010 an der Klassifikation und Überwachung von Near Earth Objects (erdnahen Objekten). Kontinuierliche Messungen der Himmelsposition neu entdeckter und bekannter erdnaher Asteroiden erhöhen die Genauigkeit ihrer Umlaufbahn. So kann besser eingeschätzt werden, ob ein neues Objekt erdnah ist oder nicht beziehungsweise, ob die Gefährlichkeit eines bekannten Asteroiden ab- oder zugenommen hat. Mit durchschnittlich 6.000 Messungen pro Jahr ist die TLS mittlerweile eines der produktivsten Observatorien in Europa bei dieser Aktivität (Abbildung 1). Seit 2019 erfolgen die NEA-Beobachtungen in Zusammenarbeit mit der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA.

Das große Himmelsfeld, das die TAUKAM-Kamera am 2-Meter-Teleskop beobachten kann, ist vorteilhaft, um neue NEAs zu finden. Seit einiger Zeit gibt es eine Methode, die die Chancen dafür erhöht. Da sich Asteroiden in verschiedene Richtungen bewegen, erscheinen sie bei langen Belichtungen nicht punktförmig und gehen so im Rauschen des Bildes unter. Die Überlagerung vieler kurz belichteter Aufnahmen, die gegeneinander mit passendem Abstand und in geeigneter Richtung verschoben wurden, macht sie jedoch sichtbar. Da allerdings passende Verschiebung und Richtung vorab nicht bekannt sind, müssen dafür viele Möglichkeiten probiert werden. Die "synthetische Nachführung" ist deswegen rechenintensiv.

Erste Versuche dazu wurden von uns im Frühjahr 2022 zusammen mit dem französischen Amateurastronomen Christophe Demeautis gemacht, der die Methode bereits erfolgreich nutzt. Die Analyse der Bilder unmittelbar nach der Aufnahme lieferte neben vielen bekannten Objekten auch zwei Kandidaten für erdnahe Asteroiden (Abbildung 2). Weitere Messungen in den folgenden Nächten bestätigten die Klassifikation. Sie wurden daher vom Kleinplanetenzentrum der Internationalen Astronomischen Union in die NEA-Liste mit den Bezeichnungen 2022 SX7 und 2022 SK9 aufgenommen. Während der Kampagne im Herbst 2023 wurden fünf neue NEAs entdeckt. Neben der Weiterführung der NEA-Beobachtungen zur Klassifikation und Überwachung soll zukünftig auch die Suche nach neuen NEAs eine Routineaufgabe mit dem 2-Meter-Teleskop sein.

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Abbildung 1: Statistik der TLS-Asteroidenbeobachtungen
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Abbildung 2: Animiertes Bild der Bewegung von TLS0002/2022 SK9 gegenüberden Sternen. Der Asteroid hat einen Durchmesser von ca. 50 m.

Kontakt: Bringfried Stecklum