Eine der aktuellsten Fragen der Radioastronomie ist, wie die riesigen Datenmengen moderner Teleskope verarbeitet und archiviert werden können. Forschende der Thüringer Landessternwarte und des DLR-Instituts für Datenwissenschaften in Jena haben in dem Fachbuch "Data-intensive Radio Astronomy" den aktuellen Wissensstand dazu veröffentlicht.
Große internationale Radioteleskope wie das Low Frequency Array (LOFAR) und das Square Kilometre Array (SKA) erzeugen eine fast unvorstellbar große Mengen an Daten. Allein das Low-Band-Array des "Square Kilometre Array" in Australien wird laut Experten jedes Jahr 5 Zettabyte (106 Petabyte) an Daten erzeugen. Zum Vergleich: Der weltweite Internetverkehr hat erst 2016 erstmals 1 Zettabyte überschritten.
In der modernen Radioastronomie werden künftig Hunderte von Gigabyte pro Sekunde an Daten erfasst und in sogenannten Pipelines verarbeitet, um wissenschaftlich verwertbare Ergebnisse zu erzeugen. Die Verarbeitung solcher riesigen Datenmengen ist eine große Herausforderung. Astronomen suchen deshalb nach effizienten Lösungen, die die Astrophysik in die sogenannte Exabyte-Ära führen.
Datenverarbeitung neu denken
Titelseite des Buchs "Data-Intensive Radio Astronomy", erschienen bei Springer. Foto: SpringerSolch große Datenmengen erfordern, dass die Datenverarbeitung auf allen Ebenen neu gedacht wird. Diese Auswahl an Fragen, auf die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Antworten suchen, gibt einen Einblick, worum es konkret geht: Wie gelingt es, solche Datenmengen zu handhaben: sie zu erstellen, zu speichern oder zu archivieren? Wie kann man die Daten effizient komprimieren, ohne allzuviel Information zu verlieren? Wie können seltene Ereignisse in diesen riesigen Datenmengen aufgespürt werden? Wie kann man die Daten für eine große Anzahl von Wissenschaftlern einfach nutzbar machen ? Wie sieht das Archiv der Zukunft aus? Und last, but not least, wie kann man die Datenverarbeitung nachhaltig, das heißt, energiesparend, umsetzen?
Als Teil eines von der Carl-Zeiss-Stiftung in Jena geförderten Projektes zur Koordination der datenintensiven Radioastronomie in der Wissenschaftsregion Jena haben Marta Dembska vom Institut für Datenwissenschaften des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Jena sowie Eleni Vardoulaki, Alexander Drabent und Matthias Hoeft von der Thüringer Landessternwarte das Buch "Data-intensive Radio Astronomy" herausgegeben. Mit Fachbeiträgen von vielen internationalen Autoren haben sie eine erste Monografie zu dieser Thematik vorgelegt. In diesem Buch wird das Wissen aus verschiedenen Forschungsbereichen zusammengeführt, um einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik in der datenintensiven Radioastronomie zu geben.
Das Fachbuch ist im November 2024 bei Springer Nature Switzerland in der Serie "Astrophysics and Space Science Library" erschienen. Die E-Book-Ausgabe ist hier erhältlich.