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Ein Forschungsteam um Auriane Egal von der Western University in Ontario, Kanada, beschreibt im Fachblatt "Nature Astronomy", welche Details über die Explosion des Asteroiden 2023 CX1 im Februar 2023 ermittelt werden konnten. Die Thüringer Landessternwarte ist an dieser wichtigen Publikation beteiligt.

Am 12. Februar 2023 entdeckte Krisztián Sárneczky am ungarischen Konkoly Observatorium einen Asteroiden. Der Asteroid namens "2023 CX1" hatte einen Durchmesser von knapp einem Meter und eine geschätzte Masse von etwa 650 Kilogramm. Sieben Stunden nach der ersten Sichtung explodierte er über der Normandie in Frankreich. Nun hat ein internationales Forscherteam eine umfassende Studie darüber veröffentlicht.

Asteroid 2023 CX1 Foto Gijs de ReijkeDer Landschaftsfotograf Gijs de Reijke machte dieses spektakuläre Bild des Feuerballs von 2023 CX1 über Nordfrankreich, als der Meteor zerbrach und verdampfte. Foto: Gijs de Reijke2023 CX1 ist einer der sehr seltenen Fälle eines kosmischen Objekts, das entdeckt wurde, bevor es in die Erdatmosphäre eingetreten ist. So konnte sein Weg vom Weltraum bis zu seinem Aufprall auf der Erde verfolgt werden. Mithilfe neuer und innovativer Beobachtungsstrategien gelang es der ESA (European Space Agency) und der US-Weltraum-Agentur NASA, den Zeitpunkt und den Ort des Falls von 2023 CX1 mit beispielloser Genauigkeit vorherzusagen. Dem niederländischen Landschaftsfotografen Gijs de Reijke gelang eine spektakuläre Aufnahme des Meteors, kurz bevor er über der Normandie auseinanderbrach. 

So viele Aspekte wie möglich untersucht

Mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter Meteoritenphysiker sowie Amateurbeobachter aus Europa, Amerika, Afrika und Australien, haben sich zusammengetan, um alle Aspekte dieses außergewöhnlichen Falls zu untersuchen: Entdeckung mit Teleskopen, Verfolgung der Umlaufbahn, atmosphärische Beobachtungen anhand von optischen, Infraschall- und seismischen Daten sowie geochemische Laboranalysen. Ihre Ergebnisse fasst der Fachartikel "Catastrophic disruption of asteroid 2023 CX1 and implications for planetary defence", erschienen im September 2025 in "Nature Astronomy" zusammen. Die Thüringer Landessternwarte ist Teil des Autoren-Teams.

Bahn des Asteroiden 2023CX1Bahn des Asteroiden 2023 CX1 Quelle: ESA NEO2023 CX 1 zerbarst rund 28 Kilometer über der Erde – und nicht erst beim Aufprall auf der Erdoberfläche. Bei dieser Explosion setzte er 98 Prozent seiner Energie in einem Bruchteil einer Sekunde frei. Die Explosion verstreute mehr als hundert Fragmente über der Normandie. Da Ort und Zeit bekannt waren, machten sich Forscher auf den Weg, um Überbleibsel des Asteroiden zu suchen. Und tatsächlich wurden sie fündig. Kleine Fragmente des Meteoriten konnten daraufhin im Labor untersucht werden.

Explosion mit großer Wucht

Der Asteroid explodierte so schnell und mit solcher Wucht, dass sein Verhalten die potenzielle Gefahr ähnlicher – und größerer – astronomischer Objekte verdeutlicht. Deshalb stellt die Analyse des Asteroiden 2023 CX1 für die Wissenschaft aber auch für den Schutz der Erde vor Asteroiden eine einzigartige Gelegenheit dar. Auriane Egal, Professorin an der Western University in Ontario, Kanada, Hauptautorin des Artikels, sagt: „Wir haben die Existenz einer neuen Population von Asteroiden bestätigt, die mit L-Typ-Chondriten in Verbindung stehen und in der Lage sind, in der Atmosphäre abrupt zu zerbrechen und fast ihre gesamte Energie auf einmal freizusetzen. Solche Asteroiden müssen in Strategien zum Schutz der Erde berücksichtigt werden, da sie ein erhöhtes Risiko für bevölkerte Gebiete darstellen.“

Thüringer Landessternwarte betreibt Meteorkamera

Die Thüringer Landessternwarte beteiligt sich seit 2010 mit dem 2-Meter-Alfred-Jensch-Teleskop an der Klassifikation und Überwachung von Near Earth Objects (erdnahen Objekten). Sie betreibt eine Meteorkamera als Teil eines größeren Netzwerks solcher Beobachtungsinstrumente für Asteroiden und Kleinplaneten.

Kontinuierliche Messungen der Himmelsposition neu entdeckter und bekannter erdnaher Asteroiden erhöhen die Genauigkeit ihrer Umlaufbahn. So kann besser eingeschätzt werden, ob ein neues Objekt erdnah ist oder nicht, beziehungsweise ob die Gefährlichkeit eines bekannten Asteroiden ab- oder zugenommen hat. Mit durchschnittlich 6.000 Messungen pro Jahr ist die TLS mittlerweile eines der produktivsten Observatorien in Europa bei dieser Aktivität.

Weitere Links

Medienmitteilung der Western University
https://news.westernu.ca/2025/09/planetary-defence/

ESA Near-Earth Objects Coordination Center
https://neo.ssa.esa.int/past-impactors/2023cx1

Asteroid 2024 BX1 kurz vor seinem Einschlag nahe Berlin an der TLS beobachtet
https://www.tls-tautenburg.de/de/news/die-tls-beobachtete-den-asteroid-2024-bx1-kurz-vor-seinem-einschlag-nahe-berlin

 

Hintergrundinformation: Airburst erklärt

Was mit einem Asteroiden passiert, wenn er mit hoher Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eintritt, hängt davon ab, wie groß er ist. Der Himmelskörper heizt sich durch die Reibung so stark auf, dass er an der Oberfläche verdampft. Körper, die kleiner als einige Zentimeter sind, verdampfen komplett. Von Körpern, die größer als 10 Meter sind, bleibt der Kern übrig und schlägt auf der Erde ein.

In dem Größenbereich dazwischen passiert Folgendes: Die Oberfläche des Himmelskörpers wird 2000 bis 3000 Grad Celsius heiß, während im Zentrum eine Temperatur von rund -70 Grad Celsius herrscht. Dies erzeugt thermische Spannungen, die den Asteroiden zerplatzen lassen - so wie Glas birst, wenn es plötzlich stark aufgeheizt wird. Die entstehenden Fragmente geben der Atmosphäre eine höhere Angriffsfläche, was den Prozess verstärkt. Der Fachausdruck für dieses Phänomen ist "Airburst".