Die jungen Besucher der Langen Nacht der Sterne 2024 umringten begeistert das weltgrößte Steckbaustein-Modell des Alfred-Jensch-Teleskops. Es wurde an diesem Tag erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Das Modell bietet die Möglichkeit, Kindern (und deren Eltern) den Aufbau und die Arbeitsweise eines Großteleskops anschaulich und verständlich zu erklären.Das Tautenburg Tiny Telescope in der geöffneten Modell-Kuppel. Foto: TLS
Dr. Thomas Sperling und Dr. Christian Andreas, beide wissenschaftliche Mitarbeiter an der Thüringer Landessternwarte, haben das Steckbaustein-Modell in ihrer Freizeit innerhalb von rund sechs Monaten mit viel Engagement fertiggestellt. Sie bauten das Alfred-Jensch-Teleskop, die Hälfte des Kuppel-Daches und die Beobachtungsbühne, die früher bei den nächtlichen Beobachtungen zum Einsatz kam, maßstabsgetreu nach. Sperling und Andreas tauften das 50 Zentimeter hohe Modell auf den Namen "Tautenburg Tiny Telescope" (auf Deutsch: "Winziges Tautenburg-Teleskop").
Ursprünglich war der Gedanke, lediglich das Teleskop nachzubauen. Nach und nach wuchs dann aber die Idee, weitere Details – wie etwa die hölzerne Beobachterbühne, einen Teil des Kuppelbaus sowie das TES-Teleskop ("Tautenburg Exoplanet Search Telescope") zu integrieren.
Insgesamt rund 4.000 Einzelteile verbaut
Einen Bauplan gab es nicht. "Wir haben uns zunächst an der Größe klassischer LEGO®-Figuren orientiert, was auch den Maßstab von 1:45 erklärt. Anschließend haben wir das Modell Stück für Stück anhand alter Baupläne und Grundrisse erweitert", beschreibt Andreas die Vorgehensweise. Insgesamt wurden so nach und nach etwa 4.000 Einzelteile verbaut.
Wichtig war den beiden Wissenschaftlern, auch grundlegende Funktionen, wie die Bewegung des Teleskops um zwei Achsen, zu integrieren. "Dies war letztlich ein wesentlicher Anspruch an unser Projekt. Wir hoffen, damit auch die junge Generation für unsere Tätigkeit und für die Astronomie als Ganzes begeistern zu können", sagt Sperling.
Beweglich in zwei Richungen
Eine besondere Herausforderung war die Montierung des Teleskops. Damit ein optisches Teleskop ein Himmelsobjekt – etwa einen Stern – im Laufe der Nacht konstant beobachten kann, sind zwei Bewegungsachsen erforderlich: von Nord nach Süd und von Ost nach West jeweils bezogen auf die Himmelspole und den Himmelsäquator. "Das kann man sich vorstellen wie Längen- und Breitengrade am Nachthimmel", sagt Sperling.
Für eine reibungslose Nachführung am Himmel muss der Schwerpunkt des Teleskops zudem möglichst nahe an diesen Achsen liegen. "Das kann man sich ein bisschen wie bei einer Wippe vorstellen“, meint Andreas: "Wenn man richtig schnell auf und ab wippen möchte, dann müssen die Kinder genau den richtigen Abstand zueinander finden, damit sich die Gewichte auf beiden Seiten kompensieren."
So wurde das Alfred-Jensch-Teleskop derart konzipiert, dass das Gewicht des Teleskop-Rohres entlang einer Achse durch den mehr als zwei Tonnen schweren Spiegel ausgeglichen wird. Beim Modell mussten hierfür hinter dem Kunststoff-Spiegel etwa 800 Gramm Bleiplättchen versteckt werden.
Testen und Ausprobieren – wie in der Forschung
Die beiden Astronomen mussten also ganz schön tüfteln, wurden jedoch mit einem "extragalaktischen Spaßfaktor" belohnt, so Sperling. Er ergänzt: "Natürlich haben wir davon profitiert, dass wir uns schon seit unserer Kindheit für LEGO® begeistern. Und die Herangehensweise war gar nicht so verschieden von unserer wissenschaftlichen Tätigkeit. Auch in der Grundlagenforschung steht am Anfang oftmals nur eine Idee. Der Weg dorthin ist dann eher ein Ausprobieren und auch mal von Rückschlägen begleitet, ähnlich wie bei der Suche nach dem Ausgang aus einem Labyrinth."
Die positive Resonanz des großen und kleinen Publikums während der Langen Nacht der Sterne zeigt, dass sich die Mühe gelohnt hat. Die beiden Erbauer haben das Modell am 5. November 2024 in Anwesenheit des Institutsdirektors, Prof. Dr. Markus Roth, dauerhaft an die Sternwarte übergeben. Es kann nun auch im Rahmen von Institutsführungen besichtigt werden. Wer genau hinschaut, entdeckt im Modell neben betriebsamen Astronomen vielleicht auch weitere nachtaktive Superhelden.
Kostenlose Institutsführungen für Einzelpersonen finden jeweils am ersten Donnerstag eines Monats um 16 Uhr an der Thüringer Landessternwarte statt und dauern rund 45 Minuten. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Autor: Christian Andreas
Hinweis: LEGO® ist eine Marke der LEGO Gruppe. Diese Website wird nicht von der LEGO Gruppe gesponsert, genehmigt oder unterstützt.
![]() |
![]() |