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Einer Gruppe von Sonnenphysikern, darunter Markus Roth, Direktor der Thüringer Landessternwarte, ist es gelungen, mit einem modernen Kamerasystem kleinste Details in aktiven Gebieten der Sonne zu erfassen. So sind einzigartige hochaufgelöste Bilder von Sonnenfleckengruppen entstanden. Aufgenommen wurden die Bilder am Vakuum-Turm-Teleskop am Observatorio del Teide auf Teneriffa. Die Thüringer Landessternwarte plant, ein weiteres Instrument an diesem Observatorium namens HELLRIDE für die Sonnenforschung zu nutzen.

ImagingVTT2024 gband raw yellow smallBild: R. Kamlah et al. 2025Große Sonnenteleskope können zwar kleinste Details auf der Sonnenoberfläche beobachten, allerdings nur in kleinen Bildausschnitten. Dadurch entgeht ihnen der große Blick: Wie entwickelt sich die großräumige Umgebung dieser aktiven Gebiete? Kleinere Teleskope im Weltraum oder in erdumspannenden Netzwerken beobachten zwar die gesamte Sonnenscheibe rund um die Uhr, sie können aber nicht in die komplexen und sich schnell verändernden Strukturen hineinzoomen, die vom Magnetfeld der Sonne geformt werden.
Das Vakuum-Turm-Teleskop (VTT) kann beide Anforderungen erfüllen, denn es zeichnet sich durch ein großes Bildfeld und eine gute räumliche Auflösung aus. Ein neues, modernes Kamerasystem des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) macht sich das große Bildfeld des VTT zunutze. Gleichzeitig liefert es detaillierte Aufnahmen der Sonnenoberfläche, indem es Bilder rekonstruiert. (Mehr Infos über das neue Kamerasystem des AIP)

Hochauflösende Detailaufnahmen von Sonnenflecken

Für so ein rekonstruiertes Bild werden 100 kurzzeitbelichtete Bilder mit 8.000 × 6.000 Pixeln benötigt, die mit 25 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden. Diese schnelle Bildfolge ermöglicht es, die störenden Einflüsse der turbulenten Erdatmosphäre aus den Sonnenbildern herauszurechnen. So werden die Bilder scharf.  Werden diese Aufnahmen im Zeitraffer betrachtet, vermitteln sie ein besseres Bild davon, welche dynamischen Prozesse sich auf der Sonnenoberfläche abspielen. Kurz: Mit dem neuen Kamerasystem werden Details von Sonnenflecken besser sichtbar, während gleichzeitig auch ihre Umgebung im Blick bleibt – dank dem großen Bildfeld des VTT.

Vorgänge im Inneren der Sonne besser verstehen

Die Erforschung der Sonnenaktivität ist ein Schwerpunkt an der Thüringer Landessternwarte. Ab diesem Jahr werden die Forschenden der TLS zusätzlich zum Tautenburger Sonnenlabor ein weiteres Beobachtungsinstrument nutzen, um unseren Stern zu erkunden: das HELLRIDE-Instrument, das sich ebenfalls am Vakuum-Turm-Teleskop am Observatorio del Teide auf Teneriffa in Spanien befindet. HELLRIDE steht für Helioseismic Large Region Interferometric Device.

Sonnenphysiker wollen mit Instrumenten wie HELLRIDE, dem neuen Kamerasystem, dem Tautenburger Sonnenlabor und anderen wissenschaftlichen Werkzeugen Antworten auf folgende Fragen finden: Ändert sich das Plasma (das Teilchengemisch aus Ionen und Elektronen aus dem die Sonne besteht) vor einer Sonneneruption? Wie lässt sich das Magnetfeld unter der Sonnenoberfläche nachweisen? Wie entwickeln sich Sonnenflecken und was passiert in ihrem Inneren?

Thüringer Landessternwarte erforscht Ursachen des Weltraumwetters

Die Astronomen messen dazu die hochfrequenten seismischen Wellen der Sonne. Das wird als Helioseismologie bezeichnet. Sie betrachten längere Zeiträume, um herauszufinden, wie sich aktive Regionen mit Sonnenflecken vor, während und nach einer Sonneneruption verändern. Die Daten dazu werden unter anderem mit dem Tautenburger Sonnenlabor und dem Instrument HELLRIDE am Vakuum-Turm-Teleskop auf Teneriffa gewonnen. Markus Roth erklärt, warum diese Forschung wichtig ist: „Solche Studien sollen helfen zu verstehen, wie die Stärke von Sonneneruptionen variiert.“ Das langfristige Ziel ist, das sogenannte Weltraumwetter besser vorherzusagen.

Auf der Sonne kommt es immer wieder zu starken Eruptionen und koronalen Massenauswürfen. Sie schleudern riesige Mengen Materie ins Weltall und es entstehen Stoßwellen. Der Sonnenwind wird plötzlich verstärkt und er transportiert viel mehr Teilchen als üblich Richtung Erde. Dieses Material (Plasma) kann als Sonnensturm technologische Einrichtungen im Weltall und auf der Erde beeinträchtigen. Das wird als Weltraumwetter bezeichnet.

Teleskope wie das Vakuum-Turm-Teleskop und das Tautenburger Sonnenlabor können wichtige Beiträge zur Erforschung der Sonnenaktivität und damit auch des Weltraumwetters liefern.

Weitere Links

Artikel über die hochauflösenden Aufnahmen der Sonne mit dem neuen Kamerasystem:
R. Kamlah et al. 2025, Wide-field Image Restoration of G-Band and Ca II K Images Containing Large and Complex Active Regions, in: Solar Physics,
doi: https://doi.org/10.1007/s11207-025-02472-6

Mehr Information über das HELLRIDE-Instrument
www.leibniz-kis.de/de/observatorien/vakuum-turmteleskop/instrumente-am-vtt/hellride