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 Nachruf  

Die Thüringer Landessternwarte trauert um ihren früheren Direktor Professor Dr. Josef Solf, der am 31. Dezember 2023, wenige Wochen vor seinem 90. Geburtstag, in Jena verstarb.

Josef Solf wirkte prägend als Wissenschaftler und Institutsdirektor in Heidelberg und Tautenburg. In seiner Heidelberger Zeit am Max-Planck-Institut für Astronomie entwickelte er die spektroskopische Instrumentierung für die Teleskope des damals neu entstehenden Deutsch-Spanischen Astronomischen Zentrums auf dem Calar Alto. Mit ihnen erzielte er anerkannte wissenschaftliche Erfolge auf dem Gebiet der bipolaren Phänomene in der Sternentstehung und - entwicklung. Als Direktor der Thüringer Landessternwarte machte er sich um den Ausbau des Instituts und die Modernisierung des 2-m-Alfred-Jensch-Teleskops und seiner Instrumentierung verdient.

Josef Solf wurde am 05. Februar 1934 in Worbis im Eichsfeld geboren, und wuchs dort mit seinen fünf jüngeren Brüdern in der „Solf`s Mühle“ auf. Sein Vater war eine sehr prägende Figur in seinem Leben. Schon früh weckte er in ihm zahlreiche Interessen – an der Technik der Mühle, der Musik, der Religion, der Fotografie, der Philosophie und der Physik. Zur Schule ging er auf das Internat in Heiligenstadt, das er 1952 mit einem humanistischen Abitur abschloss. Danach begann er zunächst ein Studium der Mathematik an der Universität Jena. Angetrieben von seiner großen Lebensfrage „Bin ich schon fertig?“, wechselte er die Richtung und studierte von 1953 bis 1962 Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte an den Hochschulen des Jesuitenordens in Berlin, Frankfurt und München. Da sich seine Frage nicht auflöste und die Neugier, die Welt zu entdecken, einfach in ihm steckte, änderte er 1962 nochmals seine Laufbahn und nahm ein Studium der Mathematik, Physik und Astronomie auf -- zunächst in Karlsruhe, dann in Heidelberg, wo er 1967 mit einem Diplom in Physik abschloss. Eine anschließende Promotion auf dem Gebiet der Kernphysik schloss er dort 1969 ab.

Von 1969 bis 1994 arbeitete Josef Solf als einer der ersten wissenschaftlichen Mitarbeiter am neu gegründeten Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und fand fortan in der Entwicklung von astronomischen Instrumenten und der Erforschung der Entwicklung der Sterne seine Berufung.

Er war maßgeblich beteiligt am Aufbau des neuen Observatoriums des Instituts auf dem Calar Alto in Südspanien. Schon sehr bald lag sein Fokus auf der Entwicklung der spektroskopischen Instrumentierung für die neuen Teleskope. Wissen dazu eignete er sich unter anderem bei mehrmonatigen Forschungsaufenthalten 1971 und 1974 am Lick Observatory in Kalifornien an. Ein erstes Highlight war der Coudé-Spektrograph für das 2.2-m-Teleskop, ein vertikaler Aufbau durch das gesamte Kuppelgebäude, der nur mit einem einzigen Spiegel außerhalb des Teleskops auskam und ohne Zweifel eines der leistungsfähigsten Instrumente dieses Typs darstellt. Da ein ähnliches Gerät am 3.5-m-Teleskop keine größere Effizienz versprach, lag dort das Interesse auf einem großen Cassegrain-Spektrographen. Zusammen mit dem Co-Direktor des Instituts, Guido Münch, entwickelte Josef Solf den TWIN-Spektrographen, der für lange Zeit eines der Arbeitspferde an diesem Teleskop wurde. Einen Standard-Spektrographen der Firma Boller & Chivens baute er nach eigenem Design zu einem einzigartigen „Echelette“-Spektrographen um, der es erlaubte, mit einer einzigen Aufnahme den gesamten Spektralbereich vom UV bis zum nahen Infrarot abzubilden.

Die Inbetriebnahme und erste Nutzung dieser Geräte machten Josef Solf zum beobachtenden Astronomen. Zunächst beobachtete er späte M-Sterne und Mira-Veränderliche. Seine Langspalt-Aufnahmen mit hoher spektraler Auflösung des prototypischen massereichen Sterns S106 zusammen mit Uri Carsenty zeigten dann erstmals die Blau- und Rotverschiebung des Gases in dessen gegenüberliegenden ausgedehnten Schalen und wiesen damit überzeugend die bipolare Struktur dieser Objekte nach. Es folgten Studien der bipolaren Ausströmungen und Jets von entwickelten Sternen wie R Aqr und der Nova HR Delphini, die er 1983 auch zum Thema seiner Habilitationsschrift machte, sowie Arbeiten an bipolaren Planetarischen Nebeln zusammen mit seinem Doktoranden Luis Felipe Miranda. Danach wandte er sich zusammen mit Karl-Heinz Böhm detaillierten spektroskopischen Studien der bipolaren Ausströmungen und Herbig-Haro Jets von jungen Sternen und ihrer Kopfwellen zu. Die von ihm entwickelte Methode der Spektro-Astrometrie zur Untersuchung dieser Jets nahe an der Quelle war und ist so erfolgreich, dass sie von manchen auch „Solf’s method“ genannt wurde. 1990 ernannte die Universität Heidelberg Josef Solf zum Professor.

Als Josef Solf 1994 einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Astronomie an die Friedrich-Schiller-Universität Jena erhielt, verbunden mit der Position des Direktors der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg, kehrte er nach Jena zurück, das er 1953 als Student verlassen hatte. Als Mitglied der Fakultät für Physik und Astronomie war er bis zu seiner Emeritierung 1999 in der Lehre und wissenschaftlichen Ausbildung von Studenten tätig. Als Direktor der Thüringer Landessternwarte Tautenburg machte er sich durch den Ausbau des Instituts, der Modernisierung des 2-m Alfred-Jensch-Teleskops und seiner Instrumentierung verdient. Der Neubau eines Forschungsgebäudes schuf den dringend benötigten Platz von Arbeitsräumen für die Wissenschaftler und die Verwaltung. Ebenso entstanden Laborräume für das Elektroniklabor, sowie klimatisierte Räume für die Archivierung der umfangreichen Sammlung von Fotoplatten der Thüringer Landessternwarte und für deren digitale Aufbereitung. Ein besonderes Anliegen war Josef Solf die Modernisierung des 2-m Alfred-Jensch-Teleskops, als größtem optischen Teleskop auf deutschem Boden, an welchem durch die Erneuerung seiner Antriebe eine digitale Ansteuerung möglich wurde. Für den hochauflösenden Coudé-Spektrographen entwarf er den Umbau zu einem Coudé-Echelle-Spektrographen, mit um ein Vielfaches gesteigerter Wellenlängenabdeckung und für den Nasmyth-Fokus des Teleskops konzipierte er einen Spektrographen niedriger Auflösung. Mit der tatkräftigen Unterstützung durch sein früheres Institut, das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, erhielten alle Fokus-Stationen leistungsfähige CCD-Kameras als Detektoren.

Nach seiner Emeritierung war Josef Solf weiterhin im katholischen Kirchenchor in Jena aktiv. Über viele Jahre war er im Hospizverein tätig und begleitete zahlreiche Menschen in ihren schwersten Stunden. Mit seiner geliebten Frau Gisela, die bereits 2017 verstorben ist, hatte er drei Söhne.

Die Thüringer Landessternwarte hat mit Josef Solf nicht nur ihren früheren Direktor und einen hervorragenden Wissenschaftler verloren, sondern auch einen bescheidenen, tatkräftigen und sehr geschätzten Kollegen. Sie wird ihn in ehrendem Gedenken bewahren.