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Die Zeit um den Vollmond ist eigentlich nicht geeignet für Astrofotografie. Dennoch hielt die Nacht vom 20. auf den 21. Januar 2024 für Dr. Stanislav Melnikov und seine Kollegen eine Überraschung bereit. Er führte Beobachtungen im Rahmen des "Near-Earth-Asteroid"-Programms durch. Der Himmel war bereits so aufgehellt, dass schwache Asteroiden kaum mehr erkennbar waren. Umso erfreuter war der Forscher, als plötzlich ein neues Objekt namens Sar2736 auf der Liste der Targets auftauchte. Seine Helligkeit und Geschwindigkeit ließen vermuten, dass es nahe der Erde war. Dr. Bringfried Stecklum, der per Internet die Messungen verfolgte und die Bilder auswertete, riet ihm, das Objekt rasch zu beobachten. Der erste Versuch gegen 23:30 Uhr schlug jedoch fehl. Die Ersatz-Kamera, die wegen einer Reparatur von TAUKAM benutzt wurde, hatte den Asteroiden mit ihrem kleineren Gesichtsfeld nicht erfasst. Etwas später gab es genauere Koordinaten und Dr. Melnikov unternahm einen erneuten Versuch. Diesmal gelangen ihm sechs Aufnahmen, die umgehend ausgewertet wurden (Bild 1). Routinemäßig wird aus den ermittelten Positionen und den bereits bekannten eine Umlaufbahn berechnet, um falsche Identifikationen und andere Probleme zu erkennen. Dr. Stecklum staunte nicht schlecht, als das dazu verwendete Programm FindOrb ausgab, der Asteroid würde in etwa einer Stunde auf der Erde aufschlagen (Bild 2). Zudem legten die Koordinaten des Einschlagsortes nahe, dass dies in der nördlichen Mitte Deutschlands passieren würde. Normalerweise wäre das ein Grund zur Sorge, in diesem Fall gab es aber dafür keinen Anlass. Mit dem typischen Reflexionsvermögen von Asteroiden und der gemessenen Helligkeit berechnete FindOrb einen Durchmesser von etwa einem Meter. Bei einem solch kleinen Objekt würde ein Teil der Masse beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen und der Rest zerbersten. Daher bestand keine Gefahr. Ein dritter Versuch, Sar2736 mit dem TLS Teleskop zu fotografieren, gelang nicht - das Objekt war mittlerweile zu schnell unterwegs. Bereits wenig später gab es erste Berichte über die spektakuläre Lichterscheinung eines Boliden oder auch Feuerballs, der westlich von Berlin in der Nähe von Nennhausen (Havelland) niederging.

Insgesamt meldeten 14 Stationen Positionen an das Minor Planet Center (MPC), das dem Objekt den offiziellen Namen 2024 BX1 gab. Die TLS war dabei die dritte in der Reihenfolge. 2024 BX1 ist der achte Asteroid, der innerhalb von 24 Stunden vor seinem Einschlag entdeckt wurden. Sein Entdecker, Krisztián Sárneczky vom Konkoly Observatorium, hatte davor bereits zwei identifizieren können. Mittlerweile gelang es verschiedenen Suchtrupps, Bruchstücke des Asteroiden (Meteorite) zu finden (MAZ). Diese legen nahe, dass 2024 BX1 kein primitiver Asteroid war, sondern von einem Körper stammt, dessen innerer Aufbau dem der Erde ähnelt.  Möglicherweise wurde er von Vesta, dem größten Asteroiden im Sonnensystem, abgespalten. Die raren Fundstücke versprechen wertvolle Aufschlüsse über die Entstehungsgeschichte des Sonnensystems.

Bild 1: Überlagerung der sechs TLS Aufnahmen. Das Teleskop wurde der Bewegung des Asteroiden nachgeführt, daher erscheinen die Bilder der Sterne länglich.

Bild 2: Ergebnisse des FindOrb-Programms, basierend auf den Entdecker-Positionen (K88) und denen der TLS (033). Einschlagszeit und Ort sind rot hervorgehoben. Die Größenabschätzung ist rechts oben angegeben.

 

 Kontakt: Dr. Bringfried Stecklum